Neue Basler Studie: Jede zweite Person will nicht reanimiert werden – wenn sie gründlich aufgeklärt wird
Eine vom Universitätsspital Basel geleitete Studie zeigt: Wenn Patientinnen und Patienten umfassend über Erfolgsaussichten und Risiken einer Reanimation informiert werden, entscheiden sich deutlich mehr gegen lebensverlängernde Massnahmen – und sind zufriedener mit ihrer Entscheidung.
2025-04-25, 15:00 Uhr
Unter der Leitung von Prof. Sabina Hunziker, Dr. Christoph Becker und Dr. Sebastian Gross wurde die Studie in sechs Schweizer Spitälern durchgeführt. Erstmals wurden bei insgesamt 2'663 Patientinnen und Patienten der Effekt einer gemeinsamen Entscheidungsfindung untersucht.
Reanimationsprognose oft überschätzt
«Patientinnen und Patienten überschätzen häufig die Erfolgschancen einer Reanimation. Unsere Ergebnisse zeigen, dass fundierte Aufklärung einen grossen Unterschied macht», sagt Sabina Hunziker, Professorin für Psychosomatik am Universitätsspital Basel. Die Untersuchungen wurden mit einer eigens entwickelten Kommunikationshilfe zu Reanimationsentscheidungen begleitet. Das Resultat: 49 Prozent der informierten Patientinnen und Patienten entschieden sich gegen eine Reanimation – im Vergleich zu 38 Prozent in der Kontrollgruppe.
Individuelle Werte als Entscheidungsgrundlage
Tatsächlich ist die Prognose nach einem Herzkreislaufstillstand ernst, und neurologische Folgeschäden sind häufig. Risiken werden tendenziell unterschätzt und Chancen überschätzt. Dennoch spielt die individuelle Bewertung der Erfolgschancen oft eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung. Ein wichtiges Element bei der Entscheidung war die Darstellung der Möglichkeiten und Prognose bei einem Herzkreislaufstillstand sowie das Abwägen der individuellen Präferenzen. Hierfür entwickelten die Forscher eine Kommunikationscheckliste mit Entscheidungshilfen, die Patientinnen und Patienten schrittweise durch das Thema führt. «Diese Gespräche sind nicht einfach und können bei Patientinnen und Patienten Ängste auslösen», sagt Hunziker.
Der Wille der Patient*innen nicht genügend berücksichtigt
Trotz der Empfehlungen von Fachgesellschaften zur Einbeziehung von Patientinnen und Patienten in diese wichtigen Entscheidungen wird dies in der täglichen Praxis häufig nicht ausreichend umgesetzt. Dies führt dazu, dass der Wille der Patientinnen und Patienten im Falle eines Herzkreislaufstillstand unzureichend berücksichtigt wird, was möglicherweise zu Massnahmen führt, die nicht im Sinne der Betroffenen sind. Das Universitätsspital Basel hat seine Vorgehensweise bereits angepasst und schult die Ärztinnen und Ärzte der Inneren Medizin regelmäßig, um eine informierte und gemeinsame Entscheidungsfindung mit den Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Auch andere Krankenhäuser und Abteilungen planen, diese bewährte Praxis in naher Zukunft umzusetzen.
Publikation
Christoph Becker, M.D. et al. A Randomized Trial of Shared Decision-Making in Code Status Discussions. NEJM Evidence (2025).
DOI: https://evidence.nejm.org/doi/full/10.1056/EVIDoa2400422
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